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„La plateforme, c’est moi“ – Der neue Absolutismus

„La plateforme, c’est moi“

Betrachtungen zur digitalen Vernunft – Beitrag 7



Warum die „res publica“ nicht delegierbar ist


Digitale Plattformen übernehmen heute Aufgaben, die früher staatlich waren: Kommunikation, Infrastruktur, Öffentlichkeit. Sie sind Marktplatz, Nachrichtenstrom, Suchmaschine und Logistiksystem – oft in einem. Doch mit dieser Macht wächst eine Frage: Wer ist verantwortlich, wenn Regeln gebrochen, Räume manipuliert oder Rechte verletzt werden?

Plattformen regeln viel – aber sie sollten nicht regieren. Sie setzen Geschäftsbedingungen, nicht Gesetze. Sie moderieren Inhalte, aber nicht im Sinne demokratischen Rechenschaftslegung. Ihre Legitimität speist sich aus Effizienz, Nutzerbindung und Wachstum – nicht aus einem öffentlichem Mandat. Wer sie mit staatlicher Ordnung verwechselt, vertauscht Mittel und Zweck.

Der Staat verliert damit nicht nur die Steuerung, sondern verliert auch seinen Grund. Wenn digitale Räume privatisiert sind, gelten dort keine allgemeinen Regeln mehr, sondern AGBs. Diese können klug, fair und sogar wohlmeinend sein, aber sie sind nicht mehr das Ergebnis eines demokratischen Prozesses. Die Öffentlichkeit wird zur Plattformleistung, nicht zur politischen Rahmenbedingung.

Besonders kritisch wird es, wenn sich auch die Verwaltung, die Bildung oder die politische Kommunikation in diese Räume zurückziehen. Wer staatliche Aufgaben auf private Infrastrukturen verlagert, gibt nicht nur die Verantwortung ab, sondern auch die Kontrolle. Was privat geregelt wird, entzieht sich der öffentlichen Korrektur.

Demokratische Ordnung braucht sichtbare Zuständigkeit. Sie ist nicht effizient, aber sie ist rechenschaftspflichtig. Die Plattform kann vieles besser, aber sie ist kein Ersatz für das, was sie ersetzt.


Bilanz:
Die Plattform ersetzt nicht den Gesellschaftsvertrag.
Wo Ordnung delegiert wird, geht Verantwortung verloren.
Digitale Räume brauchen öffentlich abgestimmte Regeln – nicht nur Geschäftsmodelle.