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Digitalisierung braucht Begriffe

Digitalisierung braucht Begriffe

Betrachtungen zur digitalen Vernunft – Beitrag 15


Warum technischer Wandel ohne begriffliche Klarheit orientierungslos bleibt


Kaum ein Wort ist so allgegenwärtig – und zugleich so unklar – wie „Digitalisierung“. Es steht für Veränderung, für Modernität, für Zukunft. Aber was genau ist gemeint? Technik? Prozess? Struktur? Oder: Mentalität?

Wer Digitalisierung sagt, ohne zu sagen, wovon, sagt meist: Tempo.

Doch Geschwindigkeit ersetzt keine Richtung. Und Technik keine Begriffe. Ohne begriffliche Klarheit wird Digitalisierung zum Sammelbecken für alles, was neu, anders und schneller ist – unabhängig davon, ob es besser, klüger oder gerechter ist. Man handelt, aber weiß nicht, in welcher Ordnung.

Begriffe schaffen Unterscheidung. Sie trennen das Mittel vom Zweck, die Oberfläche von der Struktur, den Nutzen vom Urteil. Sie sind Voraussetzung für Kritik – und damit für Mündigkeit. Wer keine Begriffe hat, hat keine Kriterien. Und wer keine Kriterien hat, wird gesteuert – von dem, was technisch machbar erscheint.

Gerade im Digitalen ist das fatal. Denn Technik ist nicht neutral. Sie bringt Struktur mit, Ordnung, Taktung und Selektionslogik. Wer diese nicht begreift, nimmt sie hin. Wer sie nicht benennt, kann sie nicht hinterfragen. Und wer sie nicht hinterfragt, verliert Gestaltungsmacht.

Digitalisierung ist kein Naturvorgang. Sie ist gemacht. Und was gemacht ist, kann – und muss – durchdacht werden. Nicht nur praktisch. Sondern begrifflich.


 

Bilanz:
Digitalisierung braucht Begriffe.
Was nicht begriffen wird, kann nicht gestaltet werden.
Technik folgt keiner Ordnung – wenn man ihr keine gibt.