Systeme lösen keine Zielkonflikte
Betrachtungen zur digitalen Vernunft – Beitrag 13

Warum Digitalisierung nicht ersetzt, was politisch entschieden werden muss
Digitale Systeme sind gut darin, Prozesse zu beschleunigen, Abläufe zu stabilisieren, Entscheidungen zu automatisieren. Aber sie können eines nicht: Zielkonflikte auflösen. Denn diese sind nicht technisch, sondern politisch. Sie betreffen Interessen, Werte, Prioritäten – und verlangen Urteil, nicht Optimierung.
Oft wird übersehen, dass auch technische Systeme Entscheidungen enthalten: Welche Daten werden erfasst? Welche Logik wird angewandt? Was wird gewichtet – und was ignoriert? Doch selbst das ausgeklügeltste System kann nicht entscheiden, was gerecht, nachhaltig oder richtig ist. Es kann nur das umsetzen, was vorher als Ziel definiert wurde.
Wer glaubt, komplexe gesellschaftliche Konflikte ließen sich durch Digitalisierung entschärfen, verwechselt Mittel mit Zweck. Eine Software zur Schulverteilung entscheidet nicht, was Chancengleichheit bedeutet. Ein Verkehrsalgorithmus beantwortet nicht die Frage, wie öffentlicher Raum zu nutzen ist. Ein KI-Modell zur Personalentscheidung klärt nicht, wie Diversität und Eignung zusammenhängen sollen.
Solche Fragen bleiben politisch – auch wenn sie technisch ausgeführt werden. Systeme können sie nicht lösen, nur vollziehen. Wer sie in Technik auslagert, delegiert nicht nur Prozesse, sondern auch Verantwortung.
Bilanz:
Systeme lösen keine Zielkonflikte.
Was technisch umsetzbar ist, ist noch lange nicht entschieden.
Digitale Werkzeuge brauchen politische Maßstäbe.