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Was der Staat nicht kann – und trotzdem versucht

Was der Staat nicht kann – und trotzdem versucht

Über die Grenzen staatlicher Steuerung in der Wirtschaft

Betrachtungen zur Lage · Ausgabe 8


Es gehört zur festen Überzeugung vieler politischer Akteure, dass der Staat im Grunde alles kann – sofern der Wille groß genug, der Apparat stark genug und die Moral auf seiner Seite ist. Er kann angeblich Märkte lenken, Preise formen, Technologien vorhersagen, Innovationen steuern, Wohlstand erzeugen, Ungleichheit aufheben und dabei noch den Planeten retten. Kurz: Der Staat als Dirigent eines Orchesters, das nur darauf wartet, endlich richtig gespielt zu werden.

Was in dieser Vorstellung fehlt, ist die Einsicht in das eigene Instrument. Der Staat kann viel – sichern, garantieren, ordnen. Aber er kann nicht kalkulieren wie ein Unternehmer, nicht prüfen wie ein Kunde, nicht reagieren wie ein Markt. Er ist zu groß für Geschwindigkeit, zu fern für Feinfühligkeit und zu gefangen in politischen Zyklen, um langfristige Rationalität durchzuhalten.

Das zeigt sich besonders dann, wenn der Staat versucht, wirtschaftliche Prozesse operativ zu übernehmen. Wenn er sich etwa in der Industriepolitik als Investor aufspielt, Subventionen als strategische Lenkung verkauft und sich selbst zum Taktgeber von Schlüsselbranchen erklärt. Die Geschichte solcher Unternehmungen ist lang – und sie endet selten mit Überschuss. Meist mit Kosten, die stillgetragen oder laut verschleiert werden müssen.

Das Problem liegt nicht in der bösen Absicht, sondern im falschen Werkzeug. Der Staat ist strukturell nicht in der Lage, unternehmerisch zu handeln. Er trägt kein Risiko im marktwirtschaftlichen Sinne. Er haftet nicht persönlich. Er kann sich Irrtümer leisten – und tut es regelmäßig. Und vor allem: Er ist nicht auf Wertschöpfung angewiesen, sondern auf Umverteilung. Das ist kein moralisches Urteil – es ist eine funktionale Feststellung.

Warum versucht er es trotzdem? Weil der Druck hoch ist. Weil man nicht nur verwalten, sondern gestalten will. Weil Öffentlichkeit nach Aktivität verlangt. Und weil jeder politische Akteur lieber fördert als verzichtet. Doch Aktivismus ersetzt keine Kompetenz – und Gestaltung keine Wirkung. Wer den Staat über seine ordnungspolitischen Aufgaben hinaus zum Marktakteur macht, schwächt genau das, was er eigentlich retten will: die Eigenverantwortung, das Unternehmertum, den Wettbewerb.

Ein starker Staat ist kein allmächtiger Staat. Er ist ein Staat, der seine Rolle kennt – und sie nicht überdehnt. Der dem Markt vertraut, nicht weil er blind ist, sondern weil er weiß, dass hunderttausend dezentrale Entscheidungen oft klüger sind als eine zentrale Strategie. Ordnungspolitik ist keine Bankrotterklärung der Politik. Sie ist ihr Ehrenkodex.


 

Bilanzsatz:
Der Staat kann nicht alles – und sollte es auch nicht versuchen.
Seine Größe liegt nicht im Eingriff, sondern in der Begrenzung.
Denn wirtschaftliche Freiheit braucht nicht mehr Staat – sondern besseren Rahmen.