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Ordnung ohne Macht

Ordnung ohne Macht

Betrachtungen zur Lage · Ausgabe 13



Warum Vertrauen in Institutionen wirtschaftlich relevant ist


In einer funktionierenden Marktwirtschaft ist vieles dezentral, manches spontan und vieles frei. Was jedoch niemals beliebig sein darf, ist der institutionelle Rahmen. Denn jede wirtschaftliche Entscheidung – ob Investition, Gründung, Expansion oder Sparen – setzt eines voraus, bevor überhaupt gerechnet wird: Vertrauen. Gemeint ist nicht das Vertrauen in einzelne Personen, sondern in belastbare Institutionen.

Dieses Vertrauen ist keine emotionale Größe. Es beruht auf einer rationalen Annahme: dass Verträge gelten, dass Eigentum geschützt bleibt, dass Rechtssicherheit unabhängig von Wahlergebnissen besteht, dass Regulierungen Bestand haben und nicht rückwirkend verändert werden. Es beruht darauf, dass der Staat keine operative Rolle übernimmt, sondern die Voraussetzungen für verlässliches wirtschaftliches Handeln sichert. Kurz: dass Ordnung nicht Machtwillen, sondern Verlässlichkeit bedeutet.

Genau dieses Vertrauen gerät aber zunehmend unter Druck. Nicht durch einen plötzlichen Bruch, vielmehr durch eine schleichende Erosion. Wenn die Gesetzgebung sprunghaft wird, wenn Ausnahmen zur Regel und Regeln zu Empfehlungen werden, wenn Gerichte über Jahre hinweg Entscheidungen aufschieben und die Verwaltung sich nach parteipolitischem Wetter richtet, dann verliert die Ordnung ihren verlässlichen Charakter. Sie wird taktisch und damit ökonomisch unbrauchbar.

Der Preis dafür ist hoch, auch wenn er in keiner Haushaltslinie auftaucht. Es ist das Kapital, das nicht investiert wird. Die Gründung, die nicht erfolgt. Die Arbeitsplätze, die nicht entstehen. Nicht aus Mangel an Kapital, nicht aus Mangel an Ideen, sondern aus Mangel an Vertrauen, dass die Spielregeln stabil bleiben. Wer nicht weiß, ob sein Geschäftsmodell in zwei Jahren noch gilt, gründet keines.

Institutionelles Vertrauen ist daher keine Gefühlssache. Es bildet die Voraussetzung für wirtschaftliche Handlungssicherheit. Die Schweiz etwa profitiert nicht allein von niedrigen Steuersätzen oder guter Infrastruktur. Entscheidend ist ihr Ruf als Standort verlässlicher Ordnung. Dieselbe Innovation entfaltet dort eine andere Wirkung als in einem System, das sich täglich neue Regeln schafft. Denn überall dort, wo rechtliche Rahmenbedingungen an Verlässlichkeit verlieren, verlagert sich Kapital dorthin, wo Stabilität herrscht. Und wer meint, Vertrauen könne durch Kommunikation ersetzt werden, verwechselt PR mit Stabilität.


Bilanzsatz:
Vertrauen entsteht nicht durch Absicht, sondern durch Verlässlichkeit.
Institutionen sind nicht schnell, aber sie müssen standfest sein.
Denn wo Ordnung wankt, rechnet niemand mehr langfristig.