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Inflation ist keine Naturkatastrophe

Inflation ist keine Naturkatastrophe

Über den politischen Ursprung des Geldwertverlustes

Betrachtungen zur Lage · Ausgabe 5


Wenn die Preise steigen, beginnt das große Rätselraten. War es der Ukrainekrieg? Die Lieferketten? Der Klimawandel? Die Gier der Konzerne? Die Milchpreise? Die Heizkostenverordnung? Die Spekulation? Die Großwetterlage? – Alles scheint denkbar, außer dem Naheliegenden: dass Inflation nicht vom Himmel fällt, sondern im Maschinenraum der Politik entsteht.

Inflation ist kein Schicksal, sondern eine Folgeentscheidung – getarnt als Notwendigkeit. Wer mehr Geld ausgibt, als er einnimmt, muss die Differenz irgendwie füllen. Wenn das nicht über Steuern geschieht – was unpopulär ist – oder über Schuldenaufnahme bei Dritten – was Grenzen hat –, bleibt nur der Weg über die Notenpresse. Heute diskret, digital, über Anleihekäufe und Nullzinsen. Früher sichtbar mit Druckerschwärze. Das Prinzip bleibt: Entwertung durch Vermehrung.

Dabei ist die ökonomische Logik einfach. Wenn der Geldwert schneller wächst als der Güterwert, verliert das Geld an Kaufkraft. Das nennt man Inflation. Und sie ist kein Betriebsunfall des Marktes, sondern eine politische Entscheidung mit ökonomischer Spätfolge. In der freien Wirtschaft würde man es Saldenfälschung nennen. Im Staatswesen gilt es als expansive Fiskalpolitik.

Besonders perfide ist: Inflation trifft nicht zuerst die Verursacher, sondern die stillen Träger des Systems. Die Sparer. Die Rentner. Die einkommensschwachen Haushalte. Wer keine Vermögenswerte besitzt, sondern auf Liquidität angewiesen ist, verliert zuerst. Der Staat hingegen profitiert doppelt: von entwerteten Schulden und steigenden Steueraufkommen – denn auch Inflation ist steuerpflichtig, still und flächendeckend.

Dass die Zentralbanken diese Entwicklung lange kleingeredet haben, gehört zu den weniger eleganten Kapiteln jüngerer Währungsgeschichte. Erst war Inflation „vorübergehend“, dann „transitorisch“, später „komplex“. Tatsächlich war sie vorhersehbar – für jeden, der die Geldmengenentwicklung ernst nahm. Aber wer lieber politische Ziele verfolgt als monetäre Stabilität, erkennt die Warnzeichen zu spät – oder ignoriert sie bewusst.

Es ist bemerkenswert: In jeder anderen Branche würde man einen Akteur, der dauerhaft über seine Verhältnisse lebt und andere für die Folgen zahlen lässt, als unseriös bezeichnen. In der Finanzpolitik gilt das als progressiv. Dabei ist Preisstabilität keine technokratische Größe – sie ist eine Frage des Vertrauens. Und Vertrauen kann man nicht drucken.


 

Bilanzsatz:
Inflation ist kein Wetter.
Sie ist die Quittung für fiskalisches Wunschdenken.
Und sie wird dort beendet, wo man sie verursacht hat.