Führen mit Auftrag
Ziele setzen, Freiräume lassen

Das Prinzip in der Formensprache:
Die Kolonnade im Park Sanssouci, von Friedrich dem Großen selbst entworfen, veranschaulicht das Wesen des Führens mit Auftrag.
- Sie gibt Struktur, ohne Raum einzuengen.
- Sie ermöglicht Bewegung, ohne das Ziel aus dem Blick zu verlieren.
- Sie ist geordnet, aber nicht starr.
Ein architektonisches Sinnbild für ein Führungsverständnis, das Klarheit mit Freiheit verbindet.
Führung unter Unsicherheit
Vom Feldlager zur Führungskultur
Das Prinzip „Führen mit Auftrag“ (auch: „Auftragstaktik“) hat seinen Ursprung nicht in der Managementliteratur, sondern im militärischen Denken Preußens. Es wurde über Generationen in anspruchsvollsten Situationen entwickelt und unter realem Entscheidungsdruck geschärft – mit dem Ziel, auch in unübersichtlichen, dynamischen Lagen handlungsfähig zu bleiben.
Ein prägendes Beispiel ist die sogenannte Parchwitzer Rede Friedrichs des Großen am 3. Dezember 1757 – zwei Tage vor der Schlacht bei Leuthen. Im Feldlager formulierte er seine Haltung gegenüber den Generälen mit eindrücklicher Klarheit:
„Ich muss den Feind schlagen oder wir lassen uns vor seinen Batterien alle begraben. So denk ich, so werde ich auch handeln. Wer anders denkt, fordere seinen Abschied.“
Friedrich vermittelte keine taktischen Einzelanweisungen, sondern eine eindeutige Absicht. Zwei Tage später bekräftigte er seine Haltung:
„Ich werde gegen alle Regeln der Kunst die beinahe dreimal stärkere Armee angreifen, wo ich sie finde! Ich muss diesen Schritt wagen, oder es ist alles verloren.“
Friedrich setzte bewusst nicht auf Kontrolle, sondern auf Vertrauen in die Initiative und das Urteilsvermögen seiner Offiziere. Das Ergebnis: Die Schlacht bei Leuthen wurde zu einem strategischen Sieg – und zu einem historischen Lehrstück dafür, wie Führung unter Unsicherheit funktionieren kann: durch klare Zielvorgaben, entschlossene Haltung und konsequente Delegation von Verantwortung.
Gerade in heutigen Führungskontexten – geprägt von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUCA) – bietet dieser Ansatz eine erprobte und hochwirksame Alternative zu zentralistischer Steuerung und Mikromanagement.
Beispiele aus der Praxis
Was im Dezember 1757 bei Leuthen begann – Führung durch klare Absicht und subsidiäre Umsetzung – hatte über Jahrhunderte Bestand. Die Grundidee blieb unverändert: Wer wirksam führen will, muss Richtung geben, aber den Weg dorthin jenen überlassen, die nahe am Geschehen sind.
Elon Musk
(CEO von Tesla, SpaceX, Neuralink, xAI und The Boring Company; Mitgründer von PayPal und OpenAI; verantwortlich für Starlink)
Bei Tesla verfolgt Musk das Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen durch bezahlbare Elektromobilität zu beenden. Bei SpaceX lautet die strategische Absicht: den Zugang zum Weltraum radikal zu verbilligen – mit dem langfristigen Ziel, den Mars zu besiedeln.
Auch in anderen Unternehmen zeigt sich sein Führungsstil deutlich:
Bei Neuralink treibt er die Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer voran – mit dem erklärten Ziel, menschliche und künstliche Intelligenz zu verknüpfen.
Mit xAI will er eine alternative, „wahrheitssuchende“ KI entwickeln.
Bei The Boring Company geht es um die Vision unterirdischer Verkehrsinfrastruktur, um Städte vom Stau zu entlasten.
Allen Vorhaben ist gemeinsam: Musk formuliert ambitionierte Ziele, denkt groß – und überlässt die konkrete Umsetzung kleinen, selbstverantwortlichen Teams. Seine Unternehmen operieren mit maximalem Freiheitsgrad bei gleichzeitig klarem Zweck.
"I don’t believe in process... What you really want is people to think about what’s the right thing to do."
— Elon Musk
Musk führt im Sinne des Prinzips Führen mit Auftrag: Er setzt Richtung und Anspruch – die Verantwortung für den Weg liegt bei den Teams.
Jensen Huang
(CEO von NVIDIA)
Jensen Huang verfolgt ein klares Ziel: NVIDIA soll zur weltweit führenden Plattform für künstliche Intelligenz werden. Seine Rolle versteht er nicht als Kontrollinstanz, sondern als Möglichmacher.
NVIDIA arbeitet mit flachen Hierarchien und dezentraler Entscheidungsfreiheit. Teams treffen operative Entscheidungen dort, wo Fachwissen und Verantwortung zusammenkommen. Die Umsetzung liegt bei denen, die dem Problem am nächsten sind.
"Leadership is not about control, but clarity. My job is to create context in which people can succeed."
— Jensen Huang
Diese Haltung entspricht dem Prinzip Führen mit Auftrag: Die strategische Absicht ist klar formuliert, die operative Ausführung liegt bei den Teams.
Satya Nadella
(CEO von Microsoft)
Nadella hat Microsoft nicht nur strategisch, sondern vor allem kulturell transformiert. Seine zentrale Absicht: den Konzern von einem produktgetriebenen Anbieter zu einem lernenden, kundenorientierten Technologiepartner weiterzuentwickeln.
Er ersetzt operative Detailsteuerung durch Vertrauen, Verantwortung und gemeinsame Zielbilder. Das „Warum“ steht im Zentrum seiner Führung.
"Why do we exist? What is our mission? Then empower people to act."
— Satya Nadella, Harvard Business Review, Oktober 2020
In seinem Buch Hit Refresh beschreibt er die Bedeutung einer Kultur,
„in der Menschen sich trauen, Verantwortung zu übernehmen, zu lernen und zu wachsen“.
Das zeigt sich in der Entwicklung von Microsoft Azure ebenso wie in der KI-Strategie des Unternehmens – Klarheit im Ziel, Freiheit im Weg.
Ein Führungsstil im Sinne von Führen mit Auftrag.
Was bedeutet „Führen mit Auftrag“?
Im Kern beschreibt das Konzept eine Führungspraxis, bei der Ziel, Zweck und Rahmen durch die Führungskraft vorgegeben werden – nicht jedoch der konkrete Weg zum Ziel. Es ist ein Ansatz, der Verantwortung überträgt, Eigeninitiative ermöglicht und zugleich klare Orientierung gibt.
Drei zentrale Elemente
-
Absicht statt Kontrolle
Führung vermittelt nicht nur Aufgaben, sondern den dahinterliegenden Sinn. Wer versteht, warum etwas getan werden soll, handelt gezielter – auch bei Abweichungen vom ursprünglichen Plan. -
Klare Aufträge statt Detailsteuerung
Der Auftrag – das Was – muss eindeutig formuliert sein: wer macht was, bis wann, mit welchen Mitteln und welchem konkreten Ziel. Missverständnisse werden so vermieden. -
Freiraum im „Wie“
Die operative Umsetzung bleibt bewusst offen. Das fördert Handlungskompetenz, beschleunigt Prozesse und nutzt das Wissen derjenigen, die dem Geschehen am nächsten sind.
Voraussetzungen für die gelingende Umsetzung
-
Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter
Wer Verantwortung überträgt, muss Zutrauen in deren Fähigkeiten haben. Dies erfordert ein positives Menschenbild und eine klare Haltung. -
Fachliche Stärke und strategisches Verständnis
Eigenständiges Handeln setzt Kompetenz voraus – fachlich wie strategisch. Die Mitarbeiter müssen das Gesamtbild verstehen und mitdenken können. -
Kommunikation auf Augenhöhe und Präsenz im Geschehen
Gute Führung findet dort statt, wo gearbeitet wird. Direkter Austausch, klare Sprache und Erreichbarkeit sind essenziell.
Anwendung im Unternehmensalltag
-
Briefings geben statt Micromanagement
Vermitteln Sie Ziel, Zweck und verfügbare Ressourcen – kompakt, verständlich, auf den Punkt. -
Dezentrale Entscheidungen ermöglichen
Vertrauen Sie darauf, dass operative Teams oft näher an der Lösung sind als zentrale Steuerungsebenen. -
Empowerment schaffen
Geben Sie Teams alles, was sie brauchen, um selbstständig handeln zu können: Informationen, Ressourcen, Rückhalt. -
Handlungsorientierung fördern
Ermutigen Sie zum Entscheiden und Anpassen – statt zur Absicherung und Zögerlichkeit.
Fazit
Ziele setzen, Freiräume lassen
„Führen mit Auftrag“ ist kein historisches Modell, sondern eine zeitgemäße Führungsform, besonders wirksam in dynamischen Märkten und dezentralen Strukturen.
Der Ansatz verbindet Zielklarheit mit eigenverantwortlicher Umsetzung. Entscheidungen werden dort getroffen, wo Fachwissen, Nähe zum Geschehen und Verantwortung zusammenkommen.
Gerade im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz gewinnt dieses Modell an Bedeutung: Wenn Menschen und Systeme gemeinsam handeln, braucht es Orientierung durch Absicht statt Kontrolle im Detail.
Wo Führung klare Absichten formuliert, operative Freiräume schafft und Vertrauen nicht an Kontrolle knüpft, entstehen Geschwindigkeit, Verantwortungsbewusstsein und unternehmerische Wirkung.
Denn echte Führung zeigt sich dort, wo Wirkung entsteht – nicht wo Kontrolle endet.
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