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Chinas Absolventenkrise

Chinas Absolventenkrise

Auswirkungen und Perspektiven für Deutschland



Zwischen Qualifikation und Perspektivlosigkeit


China steht aktuell vor einer ernstzunehmenden Beschäftigungskrise unter Hochschulabsolventen. Trotz guter Studienabschlüsse und praktischer Erfahrungen gelingt vielen jungen Menschen der Einstieg ins Berufsleben nicht. Im April 2025 lag die Jugendarbeitslosigkeit in der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen bei 15,8 % (Quelle: National Bureau of Statistics China). Gleichzeitig drängen über 12 Millionen neue Absolventen auf den Arbeitsmarkt – ein historischer Höchststand.

Die Ursachen liegen in einer Kombination struktureller und konjunktureller Faktoren: Die Binnenkonjunktur ist schwach, der Immobiliensektor befindet sich in einer langanhaltenden Krise, der Finanzmarkt wurde stark reguliert, und viele Unternehmen reagieren mit Einstellungsstopps oder Personalabbau. Der anhaltende Handelskonflikt mit den USA verstärkt die Unsicherheit zusätzlich. Selbst staatliche Großbanken haben ihre Einstellungszahlen drastisch reduziert – teils um über 60 %.

Ein weiteres Problem ist das Missverhältnis zwischen akademischer Ausbildung und realem Arbeitsmarktbedarf. Während Zukunftsbranchen wie Künstliche Intelligenz, Robotik und digitale Dienstleistungen weiter Personal suchen, drängen viele Absolventen in überlaufene oder schrumpfende Sektoren. Die Folge sind sinkende Einstiegschancen, wachsende Unzufriedenheit und soziale Spannungen.


Einordnung aus deutscher Perspektive


Für Deutschland sind diese Entwicklungen ambivalent:

Einerseits stellt die wirtschaftliche Schwäche Chinas ein Risiko für die exportorientierte deutsche Wirtschaft dar – insbesondere in den Bereichen Maschinenbau, Automobilindustrie und Chemie. Eine dauerhafte Nachfrageschwäche aus China würde sich auch hierzulande bemerkbar machen.

Andererseits ergeben sich auch Chancen. Die hohe Zahl gut ausgebildeter, aber im Heimatland unterbeschäftigter Absolventen könnte zur Behebung des Fachkräftemangels in Deutschland beitragen – vorausgesetzt, Einwanderungsverfahren, Anerkennung von Abschlüssen und berufliche Integration werden unbürokratisch gestaltet. Deutschland könnte gezielt Nachwuchskräfte aus China für die Bereiche Technik, IT, Forschung und Gesundheitswesen gewinnen.

Zudem könnten Unternehmen ihre Investitions- und Produktionsentscheidungen neu bewerten. Sollte China als Standort an Planungssicherheit und Verlässlichkeit verlieren, rückt eine Rückverlagerung von Teilen der industriellen Wertschöpfung nach Europa in den Fokus. Dies könnte neue Arbeitsplätze schaffen – wenn entsprechende Fachkräfte zur Verfügung stehen.

Nicht zuletzt bieten sich auch außenwirtschaftliche Potenziale: Durch die strukturelle Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaft entstehen neue Bedarfe, zum Beispiel im Gesundheitswesen, in der Automatisierung oder in altersspezifischen Dienstleistungen. In diesen Bereichen können deutsche Unternehmen mit ihrer Expertise punkten.


Fazit


Die Beschäftigungskrise unter chinesischen Absolventen ist Ausdruck eines umfassenden wirtschaftlichen Wandels. Für Deutschland gilt es, diese Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und strategisch zu nutzen – sowohl mit Blick auf die Sicherung von Fachkräften als auch auf die Anpassung wirtschaftlicher Strukturen. Denn wer Risiken rechtzeitig erkennt und strukturell darauf reagiert, sichert nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit, sondern stärkt zugleich die wirtschaftliche Resilienz im eigenen Land.